Landtagsrede zur aktuellen Stunde: „Betriebsbedingte Kündigungen bei Opel in Bochum verhindern!“

Thomas Eiskirch

Thomas Eiskirch

Das von der Adam Opel AG verkündete Aus für die Produktion von kompletten Fahrzeugen nach 2016 am Opel-Standort Bochum wurde vergangene Woche Montag bekannt.

Im Rahmen einer von den Fraktionen von SPD und den Grünen beantragten aktuellen Stunde Betriebsbedingte Kündigungen bei Opel in Bochum verhindern! wurde darüber im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf darüber debattiert.

Im Rahmen der aktuellen Stunde sprach auch Thomas Eiskirch, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Landtagsabgeordnete aus Bochum.

Dieser zeigte sich im Nachgang zum Teil erstaunt über den Verlauf der Debatte:

„Von der heutigen Debatte hätte ein klares und parteiübergreifendes Signal des Landtags NRW ausgehen sollen:
Unmissverständliche Solidarität mit den Beschäftigten und die Forderung nach konkreter Verantwortung des Unternehmens für den Standort Bochum. Dieses starke und geschlossene Signal gab es leider nicht. Mich hat es überrascht und entsetzt, dass andere Parteien – allen voran die CDU mit den Rednern Haardt und Laschet – ihre Redezeiten für parteipolitisches Gezänk genutzt haben. Schuldzuweisungen und Vergangenheitsbewältigung standen im Mittelpunkt und nicht Zukunftsperspektiven. Dies war ähnlich unwürdig, wie das Verhalten von GM auf der Belegschaftsversammlung. Jetzt ist keine Zeit für Parteipolitik, sondern für geschlossene Signale nach Übersee.“

Die bekannt gewordene Absage der Feierlichkeiten (50 Jahre Opel in Bochum) kommentierte Thomas Eiskirch wie folgt:

„Opel hat das Jubiläumsfest für Samstag abgesagt. Sicherheitsbedenken hätten gelöst werden können – aber GM wollte diese Feier in Wahrheit noch nie. Das was GM dort macht, ist unwürdig, weil es ein weiterer Versuch ist, den Stolz der Menschen auf das, was sie in all den Jahren geleistet haben, zu untergraben. So geht man mit Menschen nicht um.“

Rede von Thomas Eiskirch zu Opel in der Aktuellen Stunde:

Nachfolgend die schriftliche Fassung der Rede von Thomas Eiskirch (es gilt das gesprochene Wort):

Obwohl die Zukunft der Endmontage schon seit längerem in der Diskussion war, so war der Montag doch ein bitterer Tag für Bochum, für die Region und für Nordrhein-Westfalen.

Es ist auch ein bitterer Tag für die Bundesrepublik Deutschland gewesen. Erstmals, solange ich mich erinnern kann, wird in West-Deutschland das Aus für die Endmontage des gesamten Werkes eines Massenherstellers von Automobilen verkündet.

Das angekündigte Aus für Opel Bochum macht viele der direkt oder mittelbar Betroffenen fassungslos und wütend.
In Bochum, in Herne, in Dortmund, Witten, Hattingen und den anderen Städten des Ruhrgebietes, in denen die Beschäftigten und ihre Familien wohnen.

Fassungslos, weil sie sich nach all den zermürbenden Jahren, an denen der Standort immer wieder zur Diskussion gestellt wurde, nicht vorstellen können, dass die Endmontage von Fahrzeugen am Standort Bochum im Jahr 2016 beendet sein soll.

Wütend über die Art und Weise, wie die Geschäftsführung über ihre Entscheidung zur Beendigung der Fahrzeugmontage nach dem Jahr 2016 informierte: Erst verkündet die Geschäftsführung ihre Entscheidung und dann verschwindet sie fluchtartig durch die Hintertür aus dem Saal, bevor sie auch nur eine einzige Frage beantwortet hat.

Die Ängste der Betroffenen so zu ignorieren ist unwürdig. Sie haben einen Anspruch darauf, mehr zu erfahren als ein Ankündigungsstakkato im Überschriftenstil. So geht man mit den Betroffenen nicht um.
Da wir beim Thema „Umgang“ sind: Opel hat das Jubiläumsfest für Samstag abgesagt – indem man sich nicht darauf einließ, zu prüfen, wie man die ggf. entstehenden Sicherheitssituationen bewerkstelligen kann, sondern mit der klaren Absicht das umzusetzen, was man eh schon immer tun wollte, nämlich nicht mehr zu feiern.

Ich sage Ihnen sowie den Opelanerinnen und Opelanern: das was GM dort macht, ist unwürdig, weil es ein weiterer Versuch ist, den Stolz der Menschen auf das, was sie in all den Jahren geleistet haben, zu untergraben. So geht man mit Menschen nicht um!

Niemand in Bochum, im Ruhrgebiet, in Nordrhein-Westfalen ignoriert die schwierige Marktsituation der Automobilindustrie und insbesondere der Hersteller kleiner und mittlerer Fahrzeuge in Europa. Wir wissen um die Probleme der Branche, um ihre Überkapazitäten.

Aus der Inszenierung des Opel-Ausstiegs aus der Fahrzeugproduktion in Bochum wird deutlich, woran es bei Opel in den letzten Jahren auch krankt: An einem fairen Umgang miteinander. An einem Dialog zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf Augenhöhe. An dem – bei allen Interessengegensätzen – gemeinsamen Ringen um eine gute Lösung für die Zukunft.

Dies ist der schwerwiegendste Fehler in einer ganzen Reihe von Managementfehlern, die sich Opel in den vergangenen Jahren leisten zu können glaubte:

  • Der ständige Austausch von Personen in der Geschäftsführung und im Spitzenmanagement.
  • Das andauernde Verbot des Exports von Opel-Fahrzeugen in Länder außerhalb Europas, besonders in die Staaten mit großen Nachholbedarfen.
  • Das anhaltende Dichtmachen der Werke in Deutschland für die Produktion anderer Marken des Konzerns für den europäischen Markt.
  • Das ständige Infragestellen der Zukunft der Marke Opel und ihrer Standorte durch das Unternehmen selbst.

So plant man keine Zukunft, so plant man das Ende eines Unternehmens. Das tut man nicht, das ist unverantwortlich.

Zuletzt hat die Konzernmutter GM die Adam Opel AG nur deshalb halten können, weil der US-Präsident Barack Obama umfassende Sicherheiten und Garantien für GM gegeben hat.

Die Folgen der Fehlentscheidungen des Managements treffen zuerst die Beschäftigten: Die Beschäftigten bei Opel in Bochum haben sich ihre Würde aber nicht nehmen lassen. Bei aller Wut und Fassungslosigkeit: Sie werden miteinander und mit ihrer Gewerkschaft, der IG Metall, weitere Schritte und Maßnahmen diskutieren.

Das Management von Opel wird in den nächsten Tagen und Wochen, Monaten und Jahren nicht vor seiner Verantwortung wegrennen können. Das werden die Beschäftigten nicht zulassen. Nicht die Menschen in der Region. Und auch wir in der Politik dürfen dies nicht zulassen.

Opel muss sich seiner Verantwortung für die Beschäftigten und für die Region stellen.

Ich sage dem Opel-Management gerne auch, was Verantwortung in dieser Situation bedeutet:

  1. Verantwortung bedeutet: Keine Beschäftigte und kein Beschäftigter wird in die Arbeitslosigkeit entlassen. Heute nicht und auch nicht nach 2016. Unsere Solidarität gilt den Opel-Beschäftigten. Betriebsbedingten Kündigungen finden bei Opel nicht statt. Das ist Ihre Verantwortung.
  2. Verantwortung bedeutet: Bochum braucht auch nach dem angekündigten Aus für die Automobilproduktion eine Perspektive als starker Industriestandort. Dazu gehört vor allem die Verantwortung von Opel für ein Konzept, in dem alternative Entwicklungen am Bochumer Standort konkret beschrieben und geplant werden. Wer eine Komponentenfertigung in Aussicht stellt, der darf nicht gleichzeitig daran festhalten, direkt zum Ende des bevorstehenden Jahres die Getriebefertigung am Standort Bochum dicht machen zu wollen. Komponentenfertigung muss heißen: Antriebe, Motoren und Systeme, nicht Blinker oder Außenspiegel. Das ist Ihre Verantwortung.
  3. Verantwortung bedeutet: Das Unternehmen Opel beteiligt sich ernsthaft, seriös und verbindlich an der Erarbeitung einer Zukunftsperspektive am Standort in Bochum. Das ist Ihre Verantwortung.

Kommen wir zur Realität:
Betriebsbedingte Kündigungen möchten Sie vermeiden. Sichern es aber nicht zu.
Komponentenfertigung beschreiben sie als eine Option für mögliche Verhandlungen. Sichern es aber nicht zu.

Vor drei Wochen haben Sie erklärt, sich mit der gemeinsamen Arbeitsgruppe „Bochum Perspektive 2022“ aus GM, Stadt Bochum und Land NRW aktiv in die Entwicklung des Standortes einzubringen.
Die Geschäftsgrundlagen dafür sind Vertrauen und Verantwortung. Diese Geschäftsgrundlage haben Sie am Montag verlassen.

Dabei wäre „Bochum-Perspektive 2022“ jedoch ein sinnvoller Weg um die Flächenentwicklung, innovative Technologien, aber vor allem die Sicherung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Bochum und im Ruhrgebiet voranzutreiben. Dazu gehört, dass Opel sich aktiv einbringt – inhaltlich, mit Geld und Flächen dazu beiträgt, dass die Arbeitsgruppe „Bochum-Perspektive 2022“ zu einer Entwicklungsgesellschaft für den Standort wird und nicht zur Grundstücksverwertungsgesellschaft verkommt.

Die Verantwortung von Opel und GM besteht darin, endlich mit dem Konjunktiv aufzuhören. Wir wollen kein Hätte, kein Könnte, kein Wenn und kein Aber mehr hören. Wir wollen endlich verbindliches und konkretes Einstehen für den Automobilstandort Bochum und für die automobile Wertschöpfungskette in Nordrhein-Westfalen.

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