Offener Brief zum Bürgerentscheid GaO

An die Elterninitiative Bürgerentscheid GaO

Sehr geehrte Frau Wiesmann,
sehr geehrter Herr Bartsch,

wer als Bochumer Bürger am letzten Samstag am Informationsstand der Elterninitia-tive Bürgerentscheid GaO vorbei ging, konnte sich nur verwundert die Augen reiben. Statt sachlich darüber zu informieren, welche Frage am kommenden Sonntag im Bürgerentscheid zu beantworten ist, statt mit Argumenten für das Anliegen der Initi-ative, den Ratsbeschluss vom 13. Dezember letzten Jahres aufzuheben, zu werben oder zu überzeugen, haben die Repräsentanten der Initiative, die am Samstagvor-mittag das Mikro in der Hand hatten, bewusst falsche, die Bürgerinnen und Bürger täuschende, Behauptungen aufgestellt.

Behauptet wurde weiterhin, wer beim Bürgerentscheid mit Ja stimme, könne so “mit einer verfehlten Kommunalpolitik von SPD und Grünen abrechnen”. Natürlich – und das wissen Sie – ist auch das eine völlig freie Erfindung derjenigen, die den Bürger-entscheid offensichtlich mit einer Kommunalwahl verwechseln oder verwechselt ha-ben wollen. Es wird der Eindruck erweckt, hier gehe es um weit mehr als um die Frage des Erhaltes des Gymnasiums am Ostring an seinem jetzigen Standort. In persönlichen Gesprächen vor Ihrem Informationsstand ist der Begriff “Abrechnung” und “man muss es denen doch mal zeigen” gefallen. Damit wird offensichtlich, wor-um es denjenigen, die letzten Samstag agitiert haben – übrigens unterstützt von der örtlichen CDU, die mit Ratsvertretern persönlich anwesend war und sich deshalb hinter die verbalen Auftritte Ihrer Initiative gestellt hat – in Wahrheit geht. Der Bürger-entscheid soll und wird in der Schlussphase einseitig zur parteipolitischen Auseinan-dersetzung instrumentalisiert. Und das obwohl Sie sich selbst als parteiunabhängig bezeichnen. Am letzten Samstag musste man einen anderen Eindruck gewinnen.

In diesem Zusammenhang wollen wir auch noch auf eine von Ihnen plakatierte Aus-sage eingehen. Wer eine ordnungsgemäß zustande gekommene Ratsentscheidung als Parteidiktat bezeichnet, muss sich fragen lassen, welches Demokratieverständ-nis der eigenen Argumentation zugrunde liegt. Damit läuft man Gefahr, das Bürger-begehren, als wichtiges und gewolltes Instrument der Bürgerbeteiligung, zu diskredi-tieren.

Besonders dreist und falsch war am letzten Samstag die Behauptung, man müsse mit Ja stimmen, um die Einheitsschule zu verhindern. Richtig ist, dass die SPD im Rahmen ihres Beschlusses “Beste Bildung” sich eindeutig für längeres gemeinsa-mes Lernen und das Konzept der Gemeinschaftsschule entschieden hat. Falsch ist allerdings, dass im Rahmen der Bochumer Schulentwicklungsplanung das neue Gymnasium eine Gemeinschaftsschule wird. Die Beschlüsse zur Schulentwick-lungsplanung lassen diesen Schluss keinesfalls zu.

Als Bochumer Landtagsabgeordnete stellen wir nach dem letzten Samstag fest, der Initiative gehen scheinbar die sachlichen Argumente aus. Mit zum Teil völlig falschen Behauptungen werden die Bürger nicht informiert, sondern getäuscht. Bewusst und willentlich wird ein Gesamtzusammenhang konstruiert, der mit dem eigentlichen Bür-gerentscheid nichts mehr zu tun hat. Statt zu informieren wird polemisiert. Statt die Bürgerinnen und Bürger mit Argumenten zu überzeugen, begeben Sie sich auf das Spielfeld “Schlammschlacht”. Das sollte mit Ihrem Einsatz für eine humanistische Bildung eigentlich nicht vereinbar sein. Sie müssen sich öffentlich fragen lassen, ob Sie dieses Vorgehen nötig haben. Die prominenten Unterstützer Ihrer Initiative, mit denen Sie so gerne werben, sollten sehr sorgfältig prüfen, welche politischen Paro-len in ihrem Namen verbreitet werden. Und die Bochumer CDU unterstützt nicht nur die Initiative, sondern versucht sie zu instrumentalisiert bzw. sie als trojanisches Pferd zu nutzen.

Sehr geehrte Eltern, wir hätten uns für den ersten Bochumer Bürgerentscheid vor al-lem in der Schlussphase mehr Sachlichkeit gewünscht. Man kann bei unterschiedli-chen Positionen in der Sache streiten bis zuletzt, bei bestimmten Themen muss man das sogar tun. Einen Ratsbeschluss mit einem Bürgerentscheid zu überprüfen ist völlig legitim und stärkt die Kommunalpolitik und ist ein Element der direkten Bürger-beteiligung. Doch was wir insbesondere am letzten Samstag erlebt haben, hat mit Sachlichkeit, Argumenten und Überzeugsarbeit nichts mehr zu tun.

In diesem Sinne verbleiben wir

Carina Gödecke Thomas Eiskirch

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